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BassMuseum Kurztrip nach Great Britain – Teil 1

Bass Professor 5/2014 - Ausgabe 77. BassMuseum: London

BassMuseum Kurztrip nach Great Britain
Teil 1 Von Hermann Eckholt – The Bass Hunter

Hallo, liebe Leserinnen und Leser!
Heute möchte ich euch mit auf meinen Trip nach England nehmen. Auf dieser Reise Anfang September gab es viel zu erleben. Ich habe ein angenehmes Interview mit Graham Gouldman, Bassist und Sänger von 10cc (in den 70er-Jahren einer der erfolgreichsten britischen Bands überhaupt) geführt und als weiteren Höhepunkt in diesem schönen Land zwei sehr seltene Pre-CBS Fender-Bässe gefunden und für euch getestet. Also: anschnallen und los geht die Fahrt!

Vom westlichen Emsland aus erreicht man die holländische Grenze schon nach zehn Minuten Fahrt, immer weiter in Richtung Zwolle, dann über Utrecht weiter nach Belgien. Meine Begleitung und ich sind morgens um 3 Uhr losgefahren, und während unserer Fahrt durch Belgien ist die gelbe durchgehende Autobahnbeleuchtung wirklich perfekt für die mittlerweile etwas müde gewordenen Augen. Unter diesen Bedingungen hat man eine gute Sicht und kann entspannt fahren, zumal in Belgien nur angenehme 120 km/h erlaubt sind. Man fährt an Antwerpen vorbei , dann immer in Richtung Gent, und einige Zeit später kommen Ostende und – in Frankreich – dann Dunkerque. Nach gut vier Stunden on the road ist die Sonne aufgegangen und mit der zunehmenden Helligkeit verschwindet auch die restliche Müdigkeit. Während der Fahrt durch die trostlose Landschaft der französischen Küstenregion um Dunkerque schweifen meine Gedanken zurück zum zweiten Weltkrieg und den vielen gefallenen Soldaten, die hier zu Tausenden in Dunkerque / Dünkirchen ihr Leben gelassen haben. Ein komisches Gefühl! Für einen kurzen Moment denke ich daran, ob vielleicht die viele Seelen der Verstorbenen noch hier umhergeistern? In dieser geschichtsträchtigen Gegend würde ich auf keinen Fall leben wollen. Dann erscheint endlich der ersehnte Name auf den großen Hinweisschildern: „Calais – Car Ferry“, und reißt mich aus dieser traurigen Stimmung.

Es gibt ja viele Englandbesucher, die neuerdings mit dem Auto den Autozug hinter Calais nehmen. Das kommt für mich aber nicht in Frage. Es geht zwar schneller, aber ich bin da Nostalgiker, England ist eine Insel, und die möchte ich mit dem Schiff oder der Fähre erreichen – und sehen, wie die Kreidefelsen von Dover während der Überfahrt langsam auf einen zukommen.

Bass Professor 5/2014 - Ausgabe 77. BassMuseum: London
Nach fünf Stunden Fahrt und 505 km erreichen wir die Passkontrolle und anschließend den Check-In von „P & O Ferrys“. Um 8 Uhr morgens geht es dort noch entspannt zu und man kann sich mit seinem Auto nach wenigen Augenblicken in der zugeteilten nummerierten Wartereihe anstellen und auf das Boarding warten. Die Fähre braucht für die Überfahrt und das An- und Ablegen in beiden Häfen über 90 Minuten. Viele der „P & O“-Fähren haben auch schon bessere Zeiten gesehen, einige Sitzmöbel in den Aufenthaltsräumen für die Passagiere sind deutlich abgegriffen, verschmutzt und wirken nicht gerade einladend. Aber nach der fünfstündigen Autofahrt ist man doch ganz froh, einige Minuten auch mal im Stehen zu verbringen und im Schiff umherzulaufen. Großen Spaß machen auch jedes Mal die Duty Free Shops auf diesen Fähren, die kurz nach dem Ablegen öffnen dürfen. Was sich die Hersteller von Süßigkeiten so an Besonderheiten einfallen lassen, ist schier endlos. Auch beim Parfüm sollte man mit Vernunft agieren und nur auf wirkliche Sonderangebote achten. Wir gehen raus aufs Aussichtsdeck um zu sehen, wie wir langsam Dover erreichen. Für mich jedes Mal ein bewegender Augenblick! Was haben wir diesem Land musikalisch alles zu verdanken, ohne dessen Musikgenies die Welt um einiges ärmer und langweiliger wäre. Große Namen und Bands sind aus diesem Land hervorgegangen: The Beatles, The Rolling Stones, Pink Floyd, die guten Bluesmusiker wie Eric Clapton oder John Mayall, die unzähligen Topbassisten wie Jack Bruce, Roger Waters, Paul McCartney, Sting, Pino Palladino, Mark King, John Entwistle, Geezer Butler und viele mehr. Diese Liste könnte endlos weitergehen. Schön, wieder hier zu sein! Nachdem man das Gelände vom Hafen Dover mit den schmalen Straßen verlassen hat, empfangen einen kurz dahinter schon die ersten Roundabouts, die Kreisverkehre, die ja mittlerweile auch in unserem Land Einzug gehalten haben. Diese erleichtern einem das Linksfahren anfangs ungemein. Auf der Autobahn ist das Linksfahren nicht ganz so seltsam, aber trotzdem zu Beginn ungewohnt. Ich war schon oft mit dem Auto in England und kenne das seitenverkehrte Fahren eigentlich ganz gut. Wichtig dabei ist der rechte Rück- sowie der Innenspiegel, in beide sollte man den rückwärtigen Verkehr ständig beobachten um ungünstige Überraschungen beim Spurwechsel zu vermeiden. Das Autofahren macht in England nach einigen Augenblicken der Eingewöhnung aber deutlich mehr Spaß als in Deutschland. Positiv macht sich das Tempolimit auf den Highways von 90 Miles bemerkbar. Ähnlich wie in Holland oder Belgien ist das sehr angenehm – der Verkehr gleitet relaxt vor sich hin. Wir müssen von der M20 Autobahn, die direkt nach London führt, weiter in südlicher Richtung auf die M25 wechseln, die dann später automatisch zur M26 wurde, um dann die Ausfahrt Guildford zu nehmen und weiter zu unserem ersten Reiseziel Farnham zu gelangen. Als wir durch Guildford fahren, wird es mir etwas warm ums Herz, denn hier wohnt Martin Turner, ehemals von Wishbone Ash: einer meiner Lieblingsbassisten, den ich im November 2009 vor seinem Konzert in Dortmund für den BASS PROFESSOR interviewt habe. Martin ist im Augenblick auf Konzertreise und nicht im Lande, sonst hätte ich vorher mal angefragt, ob wir nicht vielleicht auf eine Tasse Tea und zum Plausch über den aktuellen Stand der Dinge vorbeikommen dürfen.

Bass Professor 5/2014 - Ausgabe 77. BassMuseum: London
Hinter Guildford kommt nach 15 Miles die Ortschaft Farnham. Die Hauptstraße dorthin führt auf einer Anhöhe entlang einer Hügelkante. Von hier oben hat man einen imposanten Weitblick über die schöne Landschaft südlich von London. In dem schönen Ort Farnham quält sich der Verkehr durch die schnuckeligen schmalen Straßen. In Sachen Beschilderung der Straßennamen tun sich die Engländer allerdings unverständlich schwer. Das ist es oft ein Ratespiel mit verzweifelter Suche nach diesen kleinen rettenden Hinweisschildern. Wir als alte Vintage- Freunde benutzen natürlich kein Navi; da wird nach vorhandenem Kartenmaterial, selbst erstellten Zeichnungen oder Ausdrucken aus dem Netz gefahren. Bisher sind wir damit noch immer überall gut angekommen. Zugegeben, es war schon hin und wieder zum Verzweifeln und hat uns oft eine Menge an Nerven gekostet. Aber hier in Farnham wissen wir Gott sei Dank noch nicht, was während dieser Reise noch auf uns zukommen soll. Einen guten Parkplatz zu fi nden, ist ebenfalls so eine Sache in England. Selbst auf dem Land gibt es nur auf der Straße im Zentrum einige ausgewiesene PKW-Stellfl ächen mit einer Parkuhr, die auch Bargeld nimmt. Für 1,– Pfund kann man eine Stunde parken. Gut, dass wir einen Parkschein gelöst haben, denn es vergehen keine 20 Minuten, da können wir durch das Fenster vom Musikgeschäft den ersten Kontrolleur sehen.

Bass Professor 5/2014 - Ausgabe 77. BassMuseum: LondonIn Farnham besuchen wir das Gitarrenfachgeschäft „Guitar Village“. Das Geschäft liegt direkt an der Hauptgeschäftsstraße, der West Street, und der Laden ist ebenfalls in einem typischen alten historischen Gebäude aus der Victorianischen Zeit untergebracht. Es wundert einen doch etwas, dass sämtliche Fenster und Türen bei den meisten dieser Häuser noch die alten Originale sind. Also aus Holz und im günstigsten Fall schon mit einen neueren Anstrich versehen. Energieeinsparung scheint in diesem Land oftmals noch völlig unbekannt zu sein. Aber das ist mir auch schon auf meinen USA-Reisen aufgefallen: solange etwas noch halbwegs intakt ist und seinen Dienst erfüllt, wird es nicht ersetzt. Kostet doch nur unnötig viel Geld, was auch bestimmt in vielen Fällen nicht vorhanden ist. Das scheint auch hier in England weit verbreitet zu sein: über zwei Drittel der Häuser auf dem Land haben sicher schon ihre 150 Jahre auf dem Buckel. Man sieht wirklich sehr wenige Neubauten oder Siedlungen mit neuen Häusern. Immerhin: Wir als Vintage-Experten sind ja auch wegen der schönen alten Sachen hier, denn für Neuheiten fahren wir erst gar nicht oder nur ungern aus dem Haus. Schon an der Eingangstür des Shops muss ich mit meinen 1,92 m Länge erstmals meinen Kopf einziehen, denn die alten Häuser haben nur eine sehr geringe Deckenhöhe und kleine Türen. Vor über 100 Jahren muss das Gardemaß der Bevölkerung gerade mal bei 1,70 Meter gelegen haben – krumm stehen ist also angesagt! Aber es gibt ja rettende Stühle. Dann geht es in den Keller. Die Treppe dort hinunter ist ein echtes Abenteuer, und in der hintersten Ecke fällt mein Blick auf einen unglücklichen 72er-Precision in Olympic White und mit Maple Neck, der hilfesuchend nach mir zu rufen scheint. Aber so ein schöner alter Precision wird hoffentlich nicht zu lange auf seinen neuen Spieler warten müssen, bevor dieser nicht gerade ideale Lager- und Verkaufsraum einen Schaden an diesem schönen alten Bass und seinem Finish anrichten kann.

Bass Professor 5/2014 - Ausgabe 77. BassMuseum: LondonWie beim Servieren einer leckeren Speise darf ich vor einem kleinen Bass-Amp Platz nehmen, um den von oben geholten und mir angereichten Fender Jazz Bass von 1964 in der traumhaften und super seltenen Originalfarbe Fiesta Red testen. Dieser Bass kommt von seinem Erstbesitzer, der den Bass in den Swinging 60’s zusammen mit einem passenden Precision in der gleichen Farbe bei Fender bestellt hatte. Der Precision hat die Zeit leider nicht so gut überstanden: seine Spannstabschraube ist schon ziemlich weit in den Hals reingedreht, da ist leider nichts mehr zu machen. Der Hals ist krumm wie ein Bogen – wie traurig, das zerreißt mir das Herz! Leider lassen sich diese Spannstäbe nicht so einfach austauschen. Das bringt auch ohnehin nicht viel, denn es liegt nicht nur am Spannstab, sondern auch am Holz des Halses, welches butterweich zu sein scheint. Beim Jazz Bass hingegen hat nur die Armauflage in ihren Dienstjahren eine Menge aushalten müssen, aber tatsächlich klingen gerockte und viel bespielte Instrumente hörbar besser als Wohnzimmerteile im neuwertigen Zustand, die nur mit Samthandschuhen jeden zweiten oder dritten Sonntag mal aus ihrem Koffer geholt wurden. Wenn so ein Bass 50 Dienstjahre hinter sich hat und sein Besitzer zusätzlich noch ein sehr guter Spieler war, kann man das von der ersten Sekunde bei einem Test auch über einen kleinen Bass-Amp deutlich spüren und hören. Ein unglaubliches Gefühl: was für ein Ton und Sustain! In solchen Momenten bekomme ich immer noch größeren Respekt vor Leo Fenders Arbeit, und das bindet mich noch stärker als zuvor an die Originalinstrumente aus der Pre- CBS-Zeit. Dieser Jazz Bass ist sehr gut eingestellt und hat auch noch sehr gute Bünde – er muss wohl lange mit Flatwounds gespielt worden sein. Wenn man auf Fender-Bässe steht, sind solche Begegnungen mit alten und richtig guten Exemplaren immer ein Erlebnis für sich. Vielleicht sollte ich mal nach Rom zum Papst fahren um dort für Leo Fender vorzusprechen und um einen Segen zu bitten. Er hat für uns Musiker so viel getan und uns fantastische Instrumente gebaut, die so gut klingen, sich perfekt spielen lassen und auch ein besonderes hohes Maß an Musikdienlichkeit für alle unterschiedlichen Musikstile mitbringen. In meinem Herzen ist Leo mit seinen Entwicklungen und Erfi ndungen sowieso der Schlüssel für die Basswelt und ihren Sounds, alles weitere was danach kam, baut doch darauf auf oder kopiert seinen Sound. Ich mag mir nicht vorstellen, was gewesen wäre, wenn es Leo nicht gegeben hätte. Vielleicht würde ich dann an Modelleisenbahnen basteln?

Nach diesem extremen Bass-Volltreffer in Farnham kommen wir über die A3-Landstraße südlich nach London. An der Stadtgrenze fallen uns die Reihenhäuser und deren schlechter Zustand mit teilweise extremem Renovierungsstau auf; viele stehen sogar leer! Schade eigentlich, dass bei so einer angespannten Wohnraum-Situation in London solche Häuser vor sich hingammeln. Je weiter man aber ins Zentrum kommt, je besser werden die Häuser wieder. Man kann sich eigentlich auf der Circular Road um die City mit dem Auto gut vorwärtsbewegen. Diese Straße ist auch die Markierungslinie für die „Collected Zone“, eine Art Innenstadt-Straßenmaut für knapp EUR 11,– pro Tag. So eine Vignette muss man sich aber vor der Reise im Internet bestellen. Die Hauptkreuzungen werden mit Kameras überwacht und da ist es möglich, dass man nach seiner Reise ungebetene Post aus dem englischen Königreich bekommt, wenn man nicht zuvor bezahlt hat! Die Strafen für Verkehrsdelikte sind ja in England sehr hoch und nicht mit den Sonderpreisen in unserem Bußgeldkatalog zu vergleichen. Deswegen ist auch auf den Highways immer größte Vorsicht geboten – und schön nach Vorschrift fahren!

Bass Professor 5/2014 - Ausgabe 77. BassMuseum: LondonIn London sind wir am Nachmittag mit dem Bass Salesman Andy Baxter verabredet. Anfangs haben wir noch ein gutes Gefühl und stellen uns vor , dass wir Andy zur vereinbarten Zeit erreichen werden. Aber dann bricht leider der Verkehr vor der berühmten Tower Bridge in sich zusammen – sogar zu Fuß wären wir schneller am Ziel! Von allen Seiten drücken sich Fahrzeuge und Doppeldeckerbusse in die Fahrbahnen, um irgendwie weiterzukommen. Die lästigen Moped- und Rollerfahrer, die links und rechts um die stehenden Autos sausen und hin und wieder auch unser Auto geräuschvoll streifen, geben uns den Rest. Das Sahnehäubchen aber sind einige mutige Radfahrer, die sich ebenfalls mit wilder Fahrweise in dieses Verkehrschaos stürzen. Wer in London auf den Rad unterwegs ist, beweist großen Mut! Allein im letzten Jahr sind im Stadtgebiet 13 Radfahrer zu Tode gekommen – die Stadtregierung zuckt bei dem Thema jedoch nur achtlos mit den Schultern. Wir brauchen für die erforderlichen drei großen Kreuzungen nach der Tower Bridge – insgesamt vielleicht 1,5 km – über zwei Stunden, das kostet Nerven und Benzin!

Als nächstes kommt wieder das Problem, welches wir bereits von Farnham kennen: die Schilder mit den Straßennamen! Wir umkreisen die Gegend um Andy Baxters Bass Shop einmal komplett und versuchen uns von allen Seiten zu nähern – ohne Erfolg! Entweder verbaut uns eine Einbahnstraße die Weiterfahrt oder das „mal eben um den Pudding fahren“ drückt uns an einer völlig anderen Stelle wieder in den dichten Verkehr. Mit überstrapazierten Nerven und letzter Kraft biegen wir schließlich in eine Seitenstraße ein, um den Wagen einfach abzustellen und zu Fuß das Ziel zu erreichen. Das wollten wir auch schon viel früher tun, aber in London gibt es überall Parkzonen für Anwohner, in denen nicht fremd geparkt werden darf. Wie durch ein Wunder stellt sich nach intensiver Prüfung des Stadtplans heraus, dass wir zufällig nur eine Straße von Andy Baxters Adresse in der Scrutton Road entfernt sind. Wir suchen verzweifelt seinen Bass Laden, doch der ist zunächst nicht zu finden! Ich hatte Andys Telefonnummer zum Glück zuvor in mein Handy eingespeichert und rufe ihn jetzt an um herauszufinden, wo genau er seinen Shop hat. In London ist tatsächlich so Einiges anders: Aus Sicherheitsgründen erfahren Kunden erst kurz vor dem Besuch, wo genau sie hin müssen! Man drückt auf das besagte Klingelschild, es öffnet sich die Tür, und man schreitet auf das Treppenhaus zu, aus dem man Andys Stimme hört: „Downstairs, Hermann!“

Bass Professor 5/2014 - Ausgabe 77. BassMuseum: LondonMir gefällt dieses Underground Feeling sehr gut: Die Räume sind wie in einer großen Wohnung aufgeteilt, mit einem Flur und vielen angrenzenden Räumen. In den Fluren sind die Regale voll mit Schallplatten, denn hier im Basement ist auch ein LP-Versand untergebracht. Aus einem der Nebenräume ertönt moderne Dance Music. In einem weiteren dieser Kellerräume befi ndet sich auch noch ein Tonstudio, dessen Chef gerade lautstark mischt. Nach paar Schritten erreicht man eine Art Aufenthaltsraum mit einem großen alten Sofa und einem Tisch, der umringt ist von unzähligen Bass-Koffern. Ein Raum weiter sind wir dann am Ziel: Andy Baxters Reich! Die Wände hängen voller Bässe, sogar ein paar alte Gitarren sind zu sehen, hauptsächlich aber alte Bässe: Man fühlt sich wie im Basshimmel! Ich frage Andy zuerst nach diesem doch recht ungewöhnlichen Ort für ein Bassladen. Dieser diene nur der Sicherheit, und dann gäbe es noch die Kostengründe, führt er aus. Wenn er ein normales Ladenlokal mit einem Schaufenster in London hätte, gäbe es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man übernachtet im Geschäft hinter dem Verkaufstresen, oder man schließt einfach nicht ab, damit wenigstens die Fenster und Türen des Geschäftes nicht eingeschlagen werden, denn die gesamte Ware wäre sicherlich binnen Minuten geklaut. Die meisten Kunden melden sich aber sowieso über das Internet an und machen mit Andy direkt einen Termin aus, und ein Besuch in seinem sogenannten „Bass Room“ lohnt sich auf jeden Fall! Da hängen reichlich alte Fender- 80 B Bässe aus den 60er- und 70er-Jahren, einige Gibson-Bässe (von Thunderbirds und EB3- Modellen bis hin zu RD Artist-Bässen steht alles da und ist zum Test bereit). Ich sehe viele gute alte Rickenbacker 4001-Bässe und spiele sie natürlich auch an, zum Beispiel einen schönen schwarzen 73er und einen sehr guten Rick in Fireglo aus demselben Jahr. Dann gibt es noch einige Exoten, wie z.B. der alte englische Shergold Bass in Creme-Weiß. Ein Bass aber, der mir besonders gut gefällt, ist Andys persönlicher Fender Jazz Bass Stack Knob von 1960. Der ist leider vor vielen Jahren in einem nun grünlich gewordenen Lake Placid Blue nachlackiert worden. Aber der Hals ist ein Traum: eine Maserung wie bei einem Lachsfi let, einfach super – und der Bass klingt zusätzlich auch noch perfekt. „Der bleibt hier!“, winkt Andy gleich aus tiefer Überzeugung ab.

Bass Professor 5/2014 - Ausgabe 77. BassMuseum: LondonDie Bässe können bei Andy Baxter über einen kleinen alten Ampeg Stack getestet werden. Nach dem überstandenen Verkehrschaos entspannt der gut schmeckende Kaffee die strapazierten Nerven. Wir sind hauptsächlich wegen einem 65er Fender Precision in Fiesta Red vorbeigekommen – und in weniger als 60 Sekunden unsterblich in ihn verliebt! Hier gilt das Gleiche wie vorher beim Jazz Bass in Farnham: Wenn die alten Bässe viel gespielt worden sind, dann klingen diese Instrumente einfach unschlagbar gut. Auch die Farbe ist wieder einmal der Hammer! Diese beiden sehr seltenen alten Fiesta Red Fender-Bässe werde ich übrigens in der nächsten Ausgabe im BassMuseum ausgiebig vorstellen und beschreiben. Jetzt müssen wir uns leider von Andy schon wieder losreißen. Wir sind wegen des Verkehrs auf der Circular Road über zwei Stunden zu spät bei ihm eingetroffen. Andys Hund war in dieser Zeit allein zuhause, und irgendwann platzt auch dem treuesten Vierbeiner die Blase! Außerdem müssen wir jetzt auf die andere Stadtseite zu unserem Hotel in Kensington. Dieses Stadtgebiet haben wir extra gewählt, um für die nächsten Termine am Samstag nicht wieder quer durch ganz London fahren zu müssen. Um diese Zeit läuft der Verkehr etwas besser als noch vor einigen Stunden. Die Route zum Hotel führt uns am wunderschönen Hyde Park sowie zahlreichen traumhaften aalten Gebäuden vorbei: was für eine schöne alte Stadt!

Wir liegen in unserem Zeitplan einige Stunden zurück und so kommen wir auch erst gegen 20 Uhr an unserem Hotel an. Wir haben uns ein sogenanntes Appartement- Hotel herausgesucht. Der alte Lift ist super eng, es passt maximal eine Person (und zwei Basskoffer) hinein. Der Raumzuschnitt unseres Zimmers ist eher ein kleines Hotelzimmer statt des angekündigten Appartements. Die kleine Küchenzeile mit Herd, Spüle und Töpfen macht einen abstoßenden Eindruck. Hier Speisen zuzubereiten? Undenkbar! Einziger Trost nach so einer anstrengenden Fahrt ist, dass die Bettwäsche sauber und die beiden Betten noch nicht extrem durchgelegen sind. Der günstige Preis und die Lage nahe des Hyde Parks lässt einen über einige unschöne Dinge hinwegsehen!

Jetzt wollten wir nur noch die Beine vertreten und nach Luft schnappen und ein Restaurant finden. Beim Speisekartencheck neben den Eingangstüren vergeht einem der Hunger: London ist teuer, sehr teuer! Wie so oft, wenn der Magen vor Hunger schon tief hängt, ist McDonalds die letzte Rettung. Vorher besuchten wir noch „Harrods“ in Knightsbridge. Einigen wird dieser Name bestimmt ein Begriff sein: ein Konsumtempel der Superlative. 150 Jahre nachdem Charles Henry Harrod hier seinen bescheidenen Laden eröffnete, hält das Warenhaus heute auf acht Hektar Verkaufsfläche erlesenste Artikel bereit. Die Food Halls beispielsweise hauen einen förmlich aus den Schuhen, besonders bei knurrendem Magen! Man sieht Superreiche, die genüsslich Austern schlürfen, oder sündhaft teure Kuchenstücke in den Auslagen, die auf Abnehmer warten. Die Kleidung der Angestellten ist geschmackvoll den unterschiedlichen Abteilungen angepasst. Jeder neue Verkaufsraum, den man durch die vielen Flure betritt, überrascht mit einer völlig neuen Optik. Mal sieht es aus wie in einem ägyptischen Tempel, mit entsprechenden Säulen und Wanddekorationen, und im nächsten Raum erwartet den Besucher wieder eine völlig andere Welt. Der Besuch dort lohnt sich und man sollte sich dafür genug Zeit nehmen, um alles auf sich wirken zu lassen. Der jetzige Inhaber, Mohamed Al-Fayed, hätte bekanntlich fast einmal Lady Diana als Schwiegertochter bekommen, wenn da nicht vor Jahren dieser mysteriöse Unfall mit seinem Sohn und Lady Di in jenem Pariser Tunnel passiert wäre. Draußen seitlich am Gebäude sieht man dicke Limousinen mit ihren Fahrern, die auf ihre betuchten Herrschaften warten. Die Kennzeichen verraten auch einiges, viele aus den arabischen Wüstenstaaten mit Sonderkennzeichen. Was haben diese Leute wohl für Kontostände? Bestimmt keine roten! Unglaublich, so viele extrem reiche Leute zu sehen... die hätten in unseren kleinen Gitarrenläden alles aufgekauft und einfach mit ihrer Platin-Kreditkarte bezahlt. Mit diesen Gedanken laufen wir durch den lauen Septemberabend müde zu unserem Hotel zurück.

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Im nächsten Heft geht es weiter mit dem zweiten Teil über den nächsten Tag unserer Reise sowie über die beiden Fiesta Red Fender-Bässe und das Interview mit Graham Gouldman. Bis dahin… fahrt entspannt !

Euer Bass Hunter


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