„Lernt zuerst die Melodie“ Nachruf auf Gerd Mersch (1951 bis 2021)
Leider ist wieder ein Bass-Buddy von uns gegangen: Im September letzten Jahres starb Gerd Mersch, der eine Zeit lang Workshops für den BASS PROFESSOR geschrieben hat.
Gerd war haben wir als einen äußerst netten Zeitgenossen erleben dürfen. Den Nachruf überlassen wir aber mit Christoph Dolf einem Meister seines Faches, der Gerd recht gut gekannt hat. Christoph dürften die meisten als exzellenten Bassbauer kennen, der zudem hervorragende Tonabnehmer wickelt. Deshalb hat Christoph Dolf das Wort:
Anfang der 1990 Neunziger kam ein freundlicher Mann namens Gerd Mersch in meine Werkstatt nach Neuss, um seinen Bass von mir reparieren zu lassen. Wir verstanden uns auf Anhieb, und so folgten auf den ersten Besuch bald weitere. Binnen kurzer Zeit wurde er zu einem regelmäßigen Kunden, dem ich auch den ein oder anderen Bass bauen durfte. Gerd war ein hervorragender Bassist, und er entpuppte sich im Umgang mit seinen Instrumenten als Perfektionist – da konnte sogar ich als Bassbauer noch etwas hinzulernen! Wenn er seine Instrumente bei mir in der Werkstatt anspielte und auf Herz und Nieren prüfte, da merkte ich sofort: Hier hast du einen echten Vollblutmusiker vor dir. Er war ein ganz besonderer Typ, der sich mit viel Herz und Leidenschaft der Musik widmete und mit vollem Einsatz als Lehrer für E-Bass und Gitarre an der Frechener Musikschule engagierte. Sein Rat an die Schüler und Schülerinnen lautete stets, frei nach dem von ihm hochgeschätzten Jaco Pastorius: „Lernt zuerst die Melodie!“ Seine Begeisterung war ansteckend und seine Schüler konnten sich seiner Empathie und Hilfe gewiss sein: Jedes Schülerinstrument wurde von ihm mit der ihm eigenen akribischen Perfektion eingestellt und optimiert. Klar, dass aus dem Kunden im Handumdrehen ein echter Freund wurde.
Gerds Musikerkarriere begann mit einem Gitarrenstudium bei Fred Harz, auf das dann ein Kontrabass-Studium bei Erich Kluge und Gottfried Engels folgte. Seine berufliche Laufbahn startete er als Privatdozent für Bass. 1995 wurde er stellvertretender Leiter der Rockabteilung der Musikschule der Stadt Frechen und unterrichtete selbst als Bass- und Gitarrendozent. Sein Einfluss dort ging aber über den Unterricht hinaus: Zwischen 1995 – 2015 fungierte er zudem als Co-Organisator der Frechener Rocknacht, bei der auch die Schüler und Schülerinnen der Musikschule die Möglichkeit bekamen, live zu spielen. Höhepunkt der Rocknacht war stets der Auftritt der Dozenten-Band – selbstverständlich mit Gerd am Bass. Und seit 2011 kannten ihn auch die Leser des BASS PROFESSOR als Autor des Workshop-Reihe „Transkribieren – eine vergessene Kunst“.
Gerd war übers Rheinland hinaus bekannt und als Session-Bassist arbeitete er unter anderem mit Künstlern wie Lutz Görner, Kingsize Dick, Andy Lumpp und Jack de Jonette, und dem Theater „Die Machtwächter“. Viele Jahre war das Multi-Talent außerdem Musikredakteur für die legendäre WDR-Radio-Sendung „Hallo Ü-Wagen“ tätig. Nachdem er sich vor einigen Jahren in den Ruhestand zurückgezogen hatte, blieb er ein engagierter freischaffender Lehrer und arbeitete weiterhin an verschiedenen Projekten – keiner, der ihn kannte, hätte etwas anderes erwartet. Aber leider wurde er in seinem letzten Lebensabschnitt zunehmend durch eine schwere Erkrankung ausgebremst, musste wiederholte Krankenhausaufenthalte durchstehen und verlor am Ende den Kampf. Die Nachricht von seinem Tod am 26. September 2021 hat mich und alle, die ihn kannten und schätzten, betroffen und traurig gemacht. Ruhe in Frieden, lieber Gerd.
Christoph Dolf