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Mr. Bassman – Bert Gerecht geht noch tiefer runter (2)

Mr. Bassman – Bert Gerecht geht noch tiefer runter. Bert Gerecht, als „Mr. Bassman“ den älteren Tieftönern noch gut bekannt, hat im letzten Jahr das Buch „Mr. Bassman geht tief runter“ veröffentlicht.
Wir haben einige Kapitel abgedruckt. Viele warten jetzt schon drauf, wie es weitergeht. Der Bass Professor veröffentlicht nun vorab exklusiv ausgewählte
Kapitel von Band zwei „Mr. Bassman: Es geht immer noch tiefer“. Heute gibt es den zweiten Teil!



Was mich nicht kaputt macht... macht mich nur noch HÄRRRDERRR....

Irgendwann 2001 hatte ich bei der Volkshochschule Bad Sobernheim angerufen, mich vorgestellt und einen Kurs für Gitarre und einen Englischkurs angeboten. Ich hatte das schon abgehakt und vergessen, als eines Morgens - ich saß gemütlich beim Frühstück - das Telefon klingelte. Ein Herr Grier war dran, seines Zeichens Konrektor der Realschule in Bad Sobernheim. Er hätte da was gehört…. und die Schule würde händeringend nach Leuten suchen, die Unterricht geben könnten. Was? Ich? Unterricht? An der Schule? Das war doch genau das, weswegen ich das Studium seinerzeit abgebrochen hatte… Ich konnte mir nicht vorstellen, vor einer Klasse zu stehen und Frontalunterricht zu machen.

Herr Grier meinte, ich könne doch mal vorbeikommen, und das Leben stecke voller Herausforderungen. Also ging ich hin, wir unterhielten uns, und er konnte meine Bedenken zerstreuen. Die Schule könnte wirklich Aushilfslehrer für Englisch und Musik brauchen, und ich wäre frei bei der Themenauswahl. Außerdem hätte ich ne gute Ausstrahlung und genau die richtige Persönlichkeit für diesen Job. Mittlerweile war es Dezember und ging auf die Weihnachtsferien zu. Wir vereinbarten, dass ich über die Feiertage ja in mich gehen und mir mal was überlegen könnte, und er würde sich melden.

Also ging ich über Weihnachten mal in mich und dachte nach, wie ich Unterricht gestalten könnte. Ein amerikanischer Freund meinte, „...You have the perfect personality for it!“ Das hatte ich doch irgendwo schon mal gehört? Na gut! Ich nahm mir vor, das einfach mal zu probieren. Und tatsächlich kam auch schon in der ersten Woche des neuen Jahres die Message, „Können Sie Montagmorgen antreten und vier Stunden machen? Eine Musik-Doppel und eine Englisch?“
Hilfe! Mir wurde heiß und kalt. Na gut, ein Job... Bargeld lacht! Übers Wochenende bereitete ich meine Unterrichtseinheiten vor. Die Schüler wären so um die 14 und 15 Jahre alt, hatte der Chef gesagt. Freie Themenauswahl, denn Schulbücher hatte ich nicht. Also packte ich einen Stapel CDs ein, und ein aktuelles TIME-Magazine mit einer doppelseitigen Anzeige, die ich kopieren wollte. Daraus könnte ich einen Englischunterricht generieren.

Am Montagmorgen um 7:30 Uhr stand ich pünktlich auf der Matte. „Na, ausgeschlafen?“ grinste Herr Grier. Im Sekretariat musste ich noch ein paar Formalitäten erledigen, und dann ging es schon los. „Ran an den Feind,“ sagte die Sekretärin und nickte mir aufmunternd zu. Mir, dem Lehrerstudium-Abbrecher! Was jetzt? Zähne zusammenbeißen und los. Kugelsichere Weste nicht vergessen! Meine Nerven waren gespannt wie Drahtseile. Ich ging in die Klasse. 25 Augenpaare waren auf mich gerichtet. „Sieh es einfach als Gig,“ hatte mein amerikanischer Freund gesagt. Der hat ja gut reden! Ich stehe jetzt hier! Zwei Stunden Musik standen auf dem Plan. Ich hatte mir was Aktuelles überlegt. Robbie Williams war damals schwer angesagt, also hatte ich auch eine Robbie Williams CD dabei, allerdings die, wo er Big Band Songs von Sinatra und Co. sang, denn etwas Kultur muss ja sein.

Irgendwie kam ich ganz gut durch. Ein paar Tage später hörte ich von unserer Nachbarin, eine Freundin ihrer Tochter hätte erzählt, da wäre ein Lehrer aus Desloch in der Schule gewesen, der hätte einen ganz tollen Musikunterricht gemacht. Mir schwoll der Kamm bis zum geht-nicht-mehr.
Diesen Auftrieb hatte ich dringend gebraucht. In der gleichen Klasse hatte ich dann nochmal Vertretung, da wählte ich das Thema „Miles Davis“. Von dem hatte da natürlich noch nie jemand gehört. Ich erzählte erst mal, was Miles für ein cooler Hund gewesen war, und spielte Musikbeispiele von 1950er Bebop über 1970er Jazz-Rock bis 1991er Hiphop-Jazz mit Rapper vor. Die Schüler zeigten sich unbeeindruckt, hielten aber still. Ich glaube, die waren paralysiert. Gut so! Ich erwähnte, dass Miles immer mit dem Rücken zum Publikum spielte, und drehte mich um, machte den Unterricht eine Weile mit dem Rücken zu den Kids. Große Verunsicherung! Ich spielte „Jack Johnson“ mit hoher Lautstärke an. So was hatten die noch nie gehört. Ich erzählte die dazugehörige Story: Jack Johnson, schwarzer Boxer, World Champion, von 1908 bis 1915 der erste schwarze Weltmeister im Schwergewicht. Der hatte viel Kohle, jede Menge Frauen und wurde von den Rassisten angefeindet. Miles Davis hatte 1971 die Musik für einen Dokumentarfilm über Jack Johnson geschrieben und eingespielt. Funk-Jazz! Meine Lieblingsplatte mit John McLauglin an der Gitarre und Michael Henderson am Bass!

Ich schüttelte die Unterrichtseinheiten aus dem Ärmel. Bei dem Hunger-Honorar wäre eine ausgiebige Vorbereitung auch nicht zu rechtfertigen. Ich bekam etwa ein Drittel von dem, was ein verbeamteter Lehrer für eine Stunde erhielt. Und es wurden nur die tatsächlich gehaltenen Stunden vergütet. Und das Stunden-Honorar wurde noch auf 45 Minuten runtergerechnet. Big Deal! In den Ferien gab es nichts. Selber Schuld – ich hätte ja mein Studium abschließen können. Aber das hätte mir vielleicht ein Magengeschwür eingebracht oder einen Herzkasper. Auch die Englischstunde lief glatt. Die Kids hatten wenig drauf, ich quatschte die von vorne bis hinten durchgehend auf Englisch voll, und forderte viel. Am Ende der Doppelstunde waren alle platt... Ich wahrscheinlich am meisten.

Meister Grier zeigte mir den Musikraum. Es gab zwei Gitarren, ein Bass, ein Keyboard, ein Schlagzeug, eine Gesangsanlage.  Allerdings alles ziemlich abgeranzt.  Die Gitarren und den Bass nahm ich gleich mit und brachte sie in einen bespielbaren Zustand. Ein paar Tage später konnte ich schon ein erstes Casting durchführen und die Kids auf ihre Rock-Tauglichkeit abklopfen. Einer spielte ganz passabel Gitarre und wurde umgehend mein Gitarrenschüler. Ein Mädel war im Gesangsverein und konnte sehr gut Nummern von Pink singen. Wir spielten „Get The Party Started“ mit richtig viel Power. Dann gab es da eine, die kam aus New York und hatte eine tolle Soul-Stimme, wir machten nach ein paar Stunden Vorbereitung eine Performance zum Tag der Offenen Tür, da tanzte der Konrektor im Flur. Den hatte ich immer auf meiner Seite.  Der erzählte mir auch, er hätte damals in der DDR Haare bis zum Arsch gehabt und auch ganz gern gekifft. „Wir hatten zwar nix, aber wir hatten immer was zu rauchen!“
Nach einem halben Jahr bekam die Realschule eine neue Direktorin. Meine Frau zeigte mir ihr Foto in der Zeitung und meinte, „da bist du nicht mehr lang...“ Sie sollte Recht behalten.
Raphael, mein Youngster, hatte derweil einem Freund erzählt, dass ich in Sobernheim mit Schülern eine Rockband aufbaute. Dessen Mutter war die Direktorin der Hauptschule in Lauterecken. Raphael richtete mir aus, ich solle die Dame mal anrufen. Tatsächlich lud sie mich umgehend zu einem Gesprächstermin ein, und ich bekam den Auftrag, in Lauterecken ebenfalls eine Schülerband einzurichten.

Jetzt hatte ich plötzlich zwei Schuljobs! Und schwamm im Geld.... Nö, leider nicht. Aber ich machte alles mit, denn man gönnt sich ja sonst nichts. Zwischendurch setzte ich mal eine Woche aus. Es war Musikmesse, und wir hatten einen Hot Wire Bass Stand gebucht. Mein Bassisten-Freund Jörg hatte seinen Vater, der Hausmeister an der Uni war, beauftragt, mir einen Messestand zu bauen. Ich musste nur das Material besorgen: Lochplatten aus Metall, auf einen soliden Stahlrahmen geschweißt. Insgesamt sechs quadratische Elemente, die trickreich mit Scharnieren verbunden wurden. Sechs oder mehr Bässe konnten da drangehängt werden, mit angeschraubten Gitarrenhaltern. Zwei Mann konnten das relativ schnell aufstellen. Ich verwendete das Teil auf diversen Events und schaffte den Aufbau sogar allein. Man musste auch schwer aufpassen, dass man sich keinen Finger einklemmte. Tolles Teil, Industriedesign, sah richtig heavy aus. Nach dem Einsatz auf diversen Messen wurde mir die Chose doch zu schwer, seitdem steht das Teil aufgebaut in meinem Büro, es hängen sechs Bässe dran, und es sieht immer noch gut aus.

Für die Messe 2002 hatte ich vier Quadratmeter gebucht und das Heavy-Metall-Teil U-förmig aufgebaut. Wie eine Telefonzelle ohne Tür. Mehr Platz war da auch nicht. Innen drin hingen die Bässe, und wir hatten eine fette Anlage. Darauf saß Uli Lauterbach, unser Demo Mann, der auch den Hot Wire Fünfsaiter mitentwickelt hatte, und machte den Donnerdaumen. Er spielte einen Glockenklang Amp über zwei Wayne Jones 2 x 10“ Boxen, die punktgenau direkt aus Australien direkt auf unseren Messestand geliefert wurden. Die hatte ich ab sofort im Vertrieb, und Wayne Jones machte Hot Wire Distribution in Down Under. Tolle Messe, bereits am ersten Tag bekam ich in der ersten Stunde eine Bestellung über zwei Bässe, von „Paul’s Bass Matters“ in Holland, ein echter Hot Wire Fan.

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Der zweite Band „Mr. Bassman: Es geht immer noch tiefer“ ist in Arbeit. Band Eins gibt es im Buchhandel, bei Amazon (auch als E-Book) oder direkt beim Verfasser unter www.bass-elektronik.de!


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Der Einfluss von Saiten auf den Klang wird meist sehr unterschätzt. In der Regel nimmt man die Saiten, die einigermaßen günstig sind. Angesichts der Preise, die zum Teil für einen Satz Basssaiten aufgerufen werden, sicherlich auch ein naheliegender Weg. 13 Hersteller im Test.

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Aus dem Leben eines Studiobassisten! Folge 17. Für viele Bassisten war und ist der Beruf des Studiobassisten ein Traumjob. Doch leider werden Studiobassisten immer weniger gebucht, und das liegt nicht nur an der digitalen Studiotechnik. In der Serie „Aus dem Leben eines Studiobassisten“ erzählen Bassheroes kurze Anekdoten aus ihrem Alltag im Tonstudio.
-> Achim Rafain