BassMuseum: Aria Pro II SB-1000 fretted & fretless
BassMuseum Von Frank Zimmermann. Nippon Twins: Aria Pro II SB-1000 fretted & fretlessLiebe Leserinnen und Leser,
nachdem wir in der letzten Ausgabe in englische Bassgefilde abgedriftet sind, geht’s heute wieder in Land der aufgehenden Sonne in Form eines Zwillingspärchens des japanischen Herstellers Aria Pro II. Es handelt sich um eine bundierte und eine bundfreie Version des legendären SB-1000. Aber wofür steht „SB“? Nicht ohne Selbstbewusstsein nannten die Japaner die frisch entwickelte Serie „Super Bass“, was sich in dem Kürzel „SB“ verbirgt. Dem bundierten Aria Pro II SB-1000 war natürlich die größere Karriere beschienen, denn er ist der TV-Star des allerersten, jemals von MTV gezeigten Musikvideos, das am 1. August 1981 auf der Mattscheide flimmerte. Am Ende von „Video Killed The Radio Star“ der Buggles seht ihr Trevor Horn, wie er einen frisch hergestellten SB-1000 schwenkt. Horn erlangte später als Produzent Weltruhm, u.a. von ABC, Frankie Goes to Hollywood, Seal und YES. Aber das ist eine andere Geschichte...
Zunächst etwas Background zu Aria Pro II. Firmengründer war Shiro Arai, der bereits 1953 im Alter von 23 Jahren seine erste eigene Handelsfirma gründete, allerdings scheiterte und zeitweise sogar obdachlos war. Eines der wenigen Dinge, die er damals besaß, war seine Gitarre, mit der er begann, Gitarrenunterricht zu geben und sich finanziell erholte. Da es Shiro Arai in den folgenden Jahren nicht möglich war, für sich und seine Schüler Gitarren, Saiten oder Partituren in Japans Musikläden zu kaufen, begann er diese Dinge selbst zu importieren und gründete am 2. August 1956 die Firma Arai & Co. Inc. Der Name „Aria“, der im Japanischen für eine ausdrucksstarke Melodie steht, wurde ab 1963 verwendet, als Shiro Arai die ersten E-Gitarren unter diesem Namen auf den Markt brachte und exportierte. Zu der Zeit gab es den ersten Boom auf japanische E-Gitarren. 1975 wurde dann Aria Pro II gegründet, mit dem Ziel, hochwertige Modelle für professionelle Anwender herzustellen. 1976 brachte Aria Pro II das Modell PE-1500 auf den Markt, mit dem u.a. von Neal Schon von Journey und Boomtown Rats‘ Gerry Cott gesichtet wurden. Dieses Modell war auch als Bass erhältlich, fand aber keinen großen Anklang. Der in der legendären Matsumoku Fabrik hergestellte SB-1000 brachte Aria 1978 auf den Markt – unseren heutigen Titelhelden.
Die beiden SB-1000 wurden in dem Farbton Padouk Red ausgeliefert, einem sehr intensiven rot, das bei unseren Bässen auch sehr gleichartig ausfiel. Dies ist nicht immer der Fall gewesen, da Padouk Red teilweise ins bräunliche gehen konnte. Neben Rot (im Aria Katalog mit dem Kürzel „PR“ hinter der Typenbezeichnung versehen) waren die Farben Black („B“), Oak („O“), Neutral („N“) und Walnut („WN“) erhältlich, wobei bei allen Farben der durchgehende Hals transparent lackiert wurde. Der Hals entspricht mit einer Länge von 34 Zoll einer Longscale-Ausführung mit 24 Bünden bzw. Fretlines. Der Halsstab ist über einen Zugang an der Kopfplatte erreichbar und wird durch eine hübsche Holzplatte abgedeckt. Die Halskonstruktion ist siebenstreifig in Kombination aus Nussbaum und Ahorn. Die sieben Streifen kommen zustande, da der Hals mit jeweils einem Nussbaumstreifen von den beiden angeleimten Korpusflügeln aus kanadischer Esche abgesetzt ist. Die Hälse der Bässe haben Griffbretter aus relativ hellem Ebenholz, wobei der fretless eine besonders schön gemaserte Variante abbekommen hat.
Der Hals liegt sehr komfortabel in der Hand und hat den von Aria beworbenen „Heel-less Cutaway“, der eine leichte Bespielbarkeit bis in die höchsten Lagen ermöglicht – ein Cutaway-Layout, welches ein gewisser Michael Tobias bei seinen Bässen noch weiter perfektionierte. Die Esche der Korpusteile ist schwarz gebeizt, was die prächtige Maserung unter der Hochglanzlackierung noch stärker hervorhebt, wobei die Intensität der Maserung bei unseren beiden Probanden zugegebenermaßen schon recht unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Es kann aber unabhängig vom Ausprägungsgrad der Holzzeichnung behauptet werden, dass ein SB-1000 immer edel aussieht und sich nahtlos in die Riege der japanischen Eighties-Edelbässe a là Ibanez Musician (siehe BASS PROFESSOR 1/2019) oder Yamaha BB (BASS PROFESSOR 2/2019) einordnen kann.
Die hier gezeigten Bässe sind aus dem Jahr 1981, wobei der bundierte Zwilling im Januar und der bundfreie im März das Licht der Welt erblickte. Das Baujahr kann aus der sechsstelligen Seriennummer ermittelt werden. Interessanterweise wurde in den Zeitraum dieser drei Monate die Farbe der Seriennummer von dunkel- auf hellbraun umgestellt. Die ersten SB-1000 aus dem Produktionsjahr 1978 hatten in den ersten beiden Ziffern Monatsangaben, gefolgt vom einstelligen Baujahr. Im laufenden Jahr 1979 wurde dies umgestellt und die erste Ziffer lieferte das Baujahr, die beiden darauffolgenden Ziffern den Produktionsmonat. Über die Interpretationsmöglichkeiten der Seriennummern kursieren verschiedene Aussagen im Netz, wobei mir die hier dargestellte Variante am wahrscheinlichsten erscheint. Sie deckt sich auch mit der Meinung der Facebook Gruppe „Aria pro II Basses“, die sich eingehend mit dem Thema beschäftigt hat. Bis einschließlich 1980 wurden die SB-Bässe übrigens mit der sogenannten „Batwing“ Kopfplattenform produziert, die im Vergleich zur „Open Book“ Form unseres Pärchens etwas ausgeprägtere Ecken der Kopfplatte hat, die ein wenig an die Ohren von Batman erinnern. Auf dem Foto der Aria-Werbung ist ein SB-1000 mit Batwing Kopfplatte abgebildet.
Der SB-1000 ist mit dem Aria-hauseigenen Humbucker MB-IE ausgestattet, der in einem geschlossenen Gehäuse untergebracht. Der Pickup sitzt in einer Mittelposition, wobei die Entfernung zum Hals näher ist als bei einem Music Man StingRay.. Im Laufe der Jahre haben sich die Pickups der SB-Reihe als mögliche Schwachstelle herausgestellt, da es zu altersbedingten Output-Problemen kommen kann, die in den meisten Fällen einen Pickup-Tausch erzwingen. Glücklicherweise gibt es mit dem Finnen Veijo Rautia einen Anbieter von Aria Austausch-Pickups, der im Fall der Fälle eure alten Aria Bässe wieder zu neuem Klangzauber erwecken kann. Die Elektronik bietet neben dem Volumenregler und einer passiven Höhenblende einen sechsstufigen Drehschalter, der im Aktiv-Betrieb verschiedene Klang-Presets ermöglicht. Die Schaltstufen agieren im Sinne eines Tiefpassfilters, der die Frequenz schrittweise nach unten regelt. Die SB-1000 sind mit einer Elektronik ausgestattet, die besonders nebengeräuscharm agiert und von Aria als „Noise Killer Circuit“ tituliert wurde. Den anderen SB-Modellen SB-600, SB-700 und SB-900 fehlten u.a. diese Elektronik, was sicherlich zum großen Erfolg des SB-1000 beitrug. Das Wechseln zwischen Passiv- und Aktivbetrieb erfolgt über einen Kippschalter. Erstaunlicherweise ist die rote Leuchte, die neben dem Schalter platziert ist, lediglich ein Indikator des Batteriestandes und leuchtet beständig, wenn sich ein Stecker in der Buchse befindet und die Batterie genügend Leistung hat. Diese Leuchte war bei den ersten SB-1000 bis ca. 1979/1980 noch nicht vorhanden. Als weiteres Merkmal sehr früher Exemplare hatte die Klinkenbuchse noch keine Vertiefung im Korpus, wie bei unserem hier gezeigten Pärchen.
Die Stromversorgung erfolgt über zwei 9-Volt-Batterien, die in einem separierten Fach untergebracht sind. Das Fach lässt sich mittels dreier Schrauben fixieren. Die aktuelle Ausgabe des SB-1000 (die Typenbezeichnung hat das Suffix „B“) hat servicefreundlichere Batteriefächer ohne Schrauben. Es handelt sich hierbei um eine der wenigen Änderungen, die im Laufe des SB-1000 Lebenszyklus gemacht wurden, was natürlich sehr für das ursprüngliche Design spricht. So hatte z.B. die massive Messingbrücke aufgrund der Toploader-Konstruktion bereits die Möglichkeit eines schnellen Saitenwechsels, da die Saiten einfach von oben eingehängt werden konnten. Ein Feature, dass auch beim aktuellen Modell zu finden ist.
Die Arias sind mit verchromten, gekapselten Stimmmechaniken ausgestattet, die das eigene Firmenlogo tragen und sich trotz der vielen Einsatzjahre noch einwandfrei drehen lassen. Die Sättel sind aus Messing und tragen, abgesehen von der Patina, auch noch keine Verschleißerscheinungen. Die konventionellen Originalgurtpins, die noch an beiden Bässen vorhanden sind, haben recht große Köpfe, die auch ohne Arretierstücke den Gurt sicher halten sollten. Man sieht generell eher selten Security Locks an SB-Bässen, was sicherlich auch daran liegt, dass es nicht ratsam ist, andere Pins als die Originale zu verwenden, da die Schrauben bauartbedingt nur recht flach ins Holz gebohrt sind. Bei anderen Systemen wäre die Gefahr zu groß, mit der Schraube an der Innenseite des Hornes herauszukommen.
Wenn man unsere heute betrachteten Aria Pro II SB-1000 Bässe in die Hand nimmt, hat man es definitiv mit Schwergewichten zu tun. Die bundierte Version schlägt mit 5,1 Kilogramm, der fretless gar mit 5,3 Kilogramm ins Kontor. Allerdings wird man schon im Passivbetrieb mit einem wunderbar sonoren Klang verwöhnt, der sich im gesamten Frequenzspektrum keine Schwächen leistet und mit einem sehr langen Sustain ausklingt. Der aktive Tiefpassfilter arbeitet sehr praxisorientiert und greift im richtigen Maße in einem Spektrum vom kräftigen Growl bis hin zu samtigen Basssounds ins Klanggeschehen ein. Viele Größen der Bassistenwelt überzeugte diese Eigenschaften und waren vom Aria SB-1000 überzeugt – die Liste der Player ist sehr lang. Der Hauptwerbeträger um 1980 herum war Jack Bruce, der nicht nur Werbung für die Bässe machte, sondern sie auch definitiv spielte. Die DVD „Jack Bruce, Live at Rockpalast“ vom Konzert in der Essener Grugahalle vom 19. Oktober 1980 zeigt Bruce mit seinem SB-1000 auf dem Cover. Eindeutig mit dem SB-1000 ist John Taylor von Duran Duran verknüpft. In späteren Jahren spendierte Aria ihm sogar ein eigenes Signature Modell, den SB-1000JT. John Taylors Basslinie von „Girls on Film” ist mit seinem SB-1000 sehr schön auf YouTube in einem kurzen Clip eines Auftritts im Bostoner Spit Nightclub von 1980/81 zu sehen und zu hören. Taylor suchte zu Anfangszeiten von Duran Duran einen Bass, der sich von der Masse abhob, d.h. keinen Fender oder Gibson. Als er die Arias teste, verliebte er sich sofort in den unverwechselbaren, druckvollen Ton, wie er in einem Interview aus dem Dezember 2012 sagte. Auf den ersten drei Duran Duran Alben spielte er ausschließlich Bässe aus der SB-Serie, interessanterweise aber nur auf dem 1983er Album „Seven And The Ragged Tiger“ einen SB-1000. Auf dem 1982er Album „Rio“ spielte er einen SB-900, auf dem Debütalbum „Duran Duran“ von 1981 einen SB-600. Laut Taylor waren die Produzenten von Duran Duran vom SB-Sound immer sehr angetan. Mit dem leider viel zu früh verstorbenen Cliff Burton von Metallica war ein SB-1000 auch auf der Metall-Bühne zu sehen. Unvergessen sein Intro auf einem schwarzen SB-1000 zu „For Whom The Bell Tolls“ von 1985, zu sehen auf der DVD „Cliff ’Em All“. Dieser Bass bildete die Basis für das spätere Tribute-Modell SB-CB. Als weitere SB-1000 Spieler aus der Metall-/Hardrock-Ecke wären noch Cronos von Venom oder Rudy Sarzo zu nennen, der einen schwarzen SB-1000 zu Whitesnake- und N.R.G.-Zeiten spielte. Mit Marcus Miller fand der SB-1000 aber auch in der jazzigen Ecke ein Zuhause, was die Vielseitigkeit dieses Basses unterstreicht.
Wer einen SB-1000 dem trauten Heim zuführen möchte, dem bietet sich ein durchaus brauchbares Angebot. Allerdings trennt sich, wie so häufig, auch hier die Spreu vom Weizen. Viele der angebotenen SB-1000 sind keine, da sich die Anbieter oftmals nicht wirklich auskennen und der Aria Pro II SB-Bass automatisch als SB-1000 angesehen wird – diese Typenbezeichnung war schlicht die bekannteste. Zudem sind viele SB-1000 leider verbastelt, was vor allem die Pickups betrifft oder die Hälse sind aufgrund schlechter Pflege nicht mehr einstellbar. Teilweise wird auch das Modell RSB-900 als Prototyp des SB-1000 angeboten, usw. Ihr seht, beim Kauf eines SB-1000 muss man gut aufpassen! Preislich liegen die wirklich gut erhaltenen Modelle bei EUR 1.500,- aufwärts. Mit viel Glück kann man einen SB-1000 günstiger erstehen. Aus meiner Sicht lohnt sich die Suche auf alle Fälle!
In diesem Sinne, bässte Grüße und bis zum nächsten Museumsbesuch,
Euer Frank
Fotos: Gregor Lukasik
... Bass Professor 1/2020, Seite 64