In dieser Ausgabe möchte ich euch einen ungewöhnlichen Bass vorstellen: den Vox Constellation IV aus dem Jahr 1968. Die Firma Vox ist ja bei allen Musikern bestens bekannt durch ihre revolutionären AC 30-Gitarrencombos. Auch die Bassanlagen wurden in den Sechzigern oft gespielt, sogar von Sir Paul McCartney während seiner Beatles-Zeit. Im Jahr 1962 brachte Vox ihren ersten legendären Phantom IV Bass heraus. Das Instrument sah mit seiner merkwürdigen „Sarg“- Form sehr spacig aus. Später erschien dann ein Wyman Bass-Modell, das 1967 nach dem Ende des Endorsement-Deals mit dem Rolling Stones-Bassisten in ähnlicher Form als Stinger IV weitergeführt wurde.
bridge pu
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neck pu
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Tuner Ton
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Zunächst baute die Firma Vox ihre Instrumente in England, aber ab 1966/67 wurde die Fertigung nach Italien verlegt, genauer gesagt in die bestehende EKO-Gitarrenschmiede. Ab da erhielten alle Bässe die große wuchtige Kopfplatte und den schmalen Hals. Auf der Kopfplattenrückseite war auch ein Aufdruck „Made in Italy by Vox“ zu sehen. Das Modell mit Preamp aus dem Jahr 1968 erhielt den Namen Constellation IV. Dieser Bass ist eine aktive Version des Stinger- Basses. Zur damaligen Zeit war es sehr ungewöhnlich, eine aktive Elektronik mit einer 9Volt-Batterie in einen Bass einzubauen. Und noch ein ungewöhnliches Feature: Auf der Metallleiste unten auf dem Korpus ist ein so genannter „G-Tuner“ untergebracht, der eingeschaltet einen gut hörbaren Dauerton auf „G“ bei zugedrehtem Poti liefert. Je weiter das Poti aber aufgedreht wird, desto leiser wird auch das Tuner-Signal. Dann folgt eine Höhen-, Mitten- und Bass- Anhebung, die zwar an heutigen Maßstäben gemessen etwas dezenter ausfällt, aber dennoch effektiv ist. Am Ende befi ndet sich noch ein Distortion-Effekt, der aber bei diesem Bass (aus welchem Grund auch immer) nicht angeschlossen wurde. Dieses kompakte Soundpaket ist später auch auf anderen Vox- Bässen wiederzufi nden. Auf der Korpusrückseite unter der durch Druckknöpfe befestigten Textilverkleidung ist eine runde Kunststoffabdeckung vorhanden.
Dahinter kann die Batterie gewechselt werden. Wird der runde Deckel komplett abgebaut, kommt ein Haufen elektronischer Bauteile zum Vorschein. Oben auf dem Korpus gibt es als Gegenstück einen praktischen Pickup Selector- Schalter und ein Master Volume plus zweimal Tone. Die gut klingenden und kraftvollen Tonabnehmer verdienen kräftigen Applaus: Sehr gut entwickelt, klingen sie fantastisch und setzen sich im Bandgefüge perfekt durch. Die Tonansprache ist schnell und dynamisch.
Der Hals ist anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber das geht einem ja z.B. bei einem Höfner-Bass ähnlich. Aber auch hier gibt es nach der Eingewöhnungsphase keine Schwierigkeiten mehr, um sich auf diesem Bass beim Spielen sehr wohl zu fühlen. Besonders gelungen finde ich den halbakustischen Teardrop-Korpus mit dem schnittigen F-Loch, der sehr massiv und stabil gebaut wurde. Leider lässt sich der Bass ohne Gurt nicht im Sitzen spielen, aber im Stehen ist der Korpus sehr angenehm und wird auf jeder Bühne zum Eyecatcher. Mir gefällt besonders die Brückenabdeckung mit dem V drauf. Ein kleiner Wermutstropfen: Leider findet man bei vielen Bässen dieser Epoche und mit dieser Bauweise die so genannten Hairline Finish Cracks in der dünnen Nitro-Lackoberfläche. Die große Kopfplatte erinnert etwas an ein Ruderbootpaddel; besonders schön ist das aus Metall geformte VOX-Logo. Die großen Mechaniken arbeiten auch noch nach so vielen Jahren perfekt und sehr genau. Angenehm ist auch der Nullbund oben am Sattel. Dieses Feature war ja in den Sechzigern häufig so üblich, bleibt dadurch doch die Saitenführung auf den Hals angenehm flach – bei guter Halseinstellung hat man so stets eine herrlich fl ache Saitenhöhe! Leider sind die Vox Stinger oder Constellation IV sehr schwer zu finden. Dieser Bass in seinem auch sehr seltenen transparent weinroten Finish mit dem zusätzlichen und schönen Korpus- und Halsbinding war viele Jahre in San Francisco im Einsatz und ist jetzt in Dortmund beheimatet. In unserem Lande gibt es nicht viele dieser schönen und ungewöhnlichen Bässe. Also: Haltet die Augen offen, denn es lohnt sich, so einen Exoten mal anzuspielen!
Erstellt am 22. November 2011