Zumeist sind besondere Erinnerungen im Spiel, die zur Herstellung eines einmaligen Klangkörpers führen. Um einen Bass der besonderen Art handelt es sich in diesem Bass Special, denn der Tisch – besser gesagt: der Stammtisch, der nun von Jens Ritter in einen einzigartigen Zwick-Wood-Roya 4-Saiter verwandelt wurde, stand bis vor Kurzem im Mittelweg 121 b in Hamburg-Pöseldorf – und das ist bekanntlich die Adresse der Kultkneipe Zwick, die seit Jahrzehnten von dem Bassisten Uli Salm betrieben wird. Das Zwick ist weit hinaus über die Grenzen der Stadt bekannt und in einem wunderbaren Gebäude untergebracht, das im Zeitraum von 1870 bis 1880 erbaut wurde. Es zählt zu den ältesten Häusern des Mittelwegs in Hamburg, die noch im Originalzustand existieren. Ab 1950 wurde an Ort und Stelle eine Schenke eröffnet, die kurze Zeit später von der Familie Zwick übernommen wurde, die der Lokalität den Namen stiftete. Neben dem legendären Onkel Pö wurde das Zwick in den frühen Siebzigern zum zweiten Wohnzimmer für aufstrebende Berühmtheiten wie Marius Müller-Westernhagen, Lonzo, Udo Lindenberg, Otto Waalkes, Uli Salm und viele andere, die nur einen Steinwurf weit entfernt wohnten. Der große Moment war 1991 gekommen: Mit einer Cover-Version von „Herzilein“ – dem Gassenhauer der Wildecker Herzbuben – landete Uli und seine Band Rudolf Rock & und die Schocker einen Top-10-Hit. Von dem Erlös der Single verwirklichte sich der Zwick-Stammgast Uli Salm einen lang gehegten Traum und erwarb das urige Lokal, um es in den Folgejahren mit vielen Bässen- und Gitarren auszuschmücken. Natürlich hat er darauf geachtet, den Charakter dieses special places beizubehalten, man fühlt sich daher in diesen heiligen Hallen sofort wohl.
Aber Uli ist nicht nur der Bassist, Club-Betreiber und Macher von Rudolf Rock & und die Schocker, sondern weltweit bekannt als passionierter Bass-Sammler mit der wohl umfangreichsten Kollektion, die weit über 600 Bässe zählt. Diese erlesene Sammlung wurde nun durch den Ritter Zwick-Wood-Roya Bass bereichert, den wir euch an dieser Stelle nicht vorenthalten wollen. Jens Ritter hat einmal mehr alle Register seines Könnens gezogen, und die vielfach strapazierte Tischplatte aus dem Ur-Zwick in ein wohlklingendes Rock’n’Roll-Kunstwerk verwandelt. Wochenlange Feinarbeit war nötig, um ein Instrument herzustellen, das der Ästhetik eines Kunstwerks entspricht und das kultige Werkstück aus dem Zwick zu würdigen weiß. Die Operation ist gelungen, der Roya liegt passgenau in dem ehemaligen Stammtisch – man kann den Bass in Sekundenschnelle aus dem Rahmen herausnehmen, einstöpseln und auf die Bühne gehen!
Wie man sich denken kann, sind im Zwick diverse Promis ein- und ausgegangen – sogar einige Kaugummis kleben noch an der Stammtisch-Unterseite, wobei man nicht genau weiß, ob sich Hugh Grant oder Rod Stewart oder wer anders hier heimlich verewigt hat. Auf der Oberseite ist eine kleine Tafel angebracht mit einer Liste von herausragenden Persönlichkeiten, die an diesem Tisch ihr Getränk zwitscherten. Im Zwick in Pöseldorf waren u.a. folgende V.I.P.s anwesend: Aerosmith, Boris Becker, Eric Clapton, Extrabreit, Jimi Hendrix (!), ZZ Top, TM Stevens, Suzi Quatro, Status Quo, Rio Reiser, Mick Jagger, Drafi Deutscher, Blondie, Jack Bruce und viele mehr.
Für uns Bassisten gibt es noch eine freudige Überraschung, denn man muss nicht wie üblich ins Museum gehen, um sich einen Bass von Jens Ritter anzusehen, denn der Ritter Zwick-Wood-Roya soll dauerhaft öffentlich gezeigt werden. Geplant ist eine große Feier zum siebzigsten Geburtstag des Zwick, die zunächst im zweiten, größeren Zwick auf der Reeperbahn steigen soll. Nachdem das blaue Band zerschnitten wurde, bekommt der Stammtisch-Bass im Zwick in Pöseldorf einen Ehrenplatz, wo man dieses Kunstwerk bestaunen kann. Wir wünschen Uli Salm und seinem Team in diesen schwierigen Zeiten alles Gute – wir werden es bald wieder krachen lassen!
Bass Professor 1/2021 Seite 8