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BassMuseum: Gibson EB-2D

BassMuseum: Hibson EB-2D

Liebe Leserinnen und Leser,
es freut mich sehr, euch heute einen äußerst erlesenen Bass der Traditionsfirma Gibson vorstellen zu dürfen, einen EB-2D aus dem Jahr 1967 in der seltenen Farbe Sparkling Burgundy. Der Bass wurde noch in der alten Produktionsstätte in der 225 Parsons Street in Kalamazoo im US-Bundesstaat Michigan gebaut, die von 1917 bis 1984 Heimat der Gibson-Company war. 1985 wurde der Standort nach Nashville im Bundesstaat Tennessee verlegt, wo sich bis heute der aktuelle Firmensitz befindet. Die alte Fabrikhalle und Teile des Inventars nebst der Belegschaft wurde von Heritage Guitar Inc. übernommen, die seitdem hochqualitative Gitarren des Labels „The Heritage“ produzieren und somit die legendäre Geschichte des Instrumentenbaus in Kalamazoo aufrechterhält. ...



Die Gibson Mandolin-Guitar Manufacturing Company Ltd., die heute unter Gibson Brands Inc. firmiert, wurde 1902 von einer fünfköpfigen Investorengruppe gegründet, die die Namens- und Patentrechte von dem damals 46-jährigen Orville H. Gibson aufkauften, einem innovativen Instrumentenbauer, der sich stark vom italienischen Violinenbau inspirieren ließ und beispielsweise die Archtop-Bauweise auf den Gitarrenbau übertrug. Orville Gibson war von Holzarbeiten fasziniert und verarbeitete buchstäblich jedes verwertbare Holzstück, was er in die Finger bekam. So wird erzählt, dass er einmal eine Violine aus dem Fußboden des alten Bostoner Rathauses fertigte. Nach dem Verkauf seiner Company war er noch eine kurze Zeit beratend für die neuen Besitzer tätig, zog sich aber aufgrund verschiedener Meinungsverschiedenheiten komplett zurück. Dem Unternehmen Gibson blieb die Innovationskraft erhalten, weil sehr fähige Leute für die Company arbeiteten, wie z.B. der legendäre Lloyd A. Loar, der maßgeblich an der Entwicklung des elektromagnetischen Tonabnehmers beteiligt war und als Musiker bereits 1924 mit einem elektrisch verstärkten Kontrabass auftrat – dem elektrischen Gitarren-Bass war er somit dicht auf der Spur. Erwähnt werden sollte auch Thaddeus J. „Ted“ McHugh, der den Halsspannstab erfunden hat. Die weltweit erste industriell in Serie hergestellte E-Gitarre war 1936 die Gibson ES-150. Auf die Markteinführung des ersten Gibson E-Basses von Gibson mussten noch siebzehn Jahre vergehen, bis 1953 das Modell EB („EB“ steht für Electric Bass) vorgestellt wurde. Der EB hat einen violinenförmigen Massivkorpus mit gewölbter Decke und einen Singlecoil-Pickup, der sich direkt am Hals befindet. Das Bodyshaping, gepaart mit einem aufgemalten F-Loch und einem anschraubbaren Stachel, sollte den Kontrabassisten einen stilistisch sauberen Übergang ins elektronische Bassgenre betten, was nicht gut gelang, da der zwei Jahre zuvor eingeführte Precision Bass von Fender deutlich mehr Anklang bei den Musikern fand. Der EB wurde noch bis 1958 produziert und dann komplett vom Markt genommen. Unter der Modellbezeichnung EB-1 erlebte er zwischen 1970 bis 1973 eine Neuauflage und seitdem diesen Namen behalten. 1958 wurde dann der EB-2 auf den Markt, zeitgleich mit der semiakustischen Gitarrenikone schlechthin, der Gibson ES-335. Die beiden Geschwister teilen sich sowohl die Korpusform als auch die Korpusgröße. Die halbakustische Konstruktion mit den beiden F-Löchern und der massive hölzerne Mittelblock aus Ahorn brachte entscheidende Vorteile im Vergleich zu einem traditionellen Hohlkorpus mit sich. Dies äußert sich in deutlich mehr Sustain, einem strafferen Ton und weniger Anfälligkeit für Rückkopplungen. Selbst unverstärkt liefert der Bass einen schönen Halbresonanzton ab, der zum sofortigen Spielen einlädt. Unser heutiger Titelheld – der EB-2D – wurde 1966 als erweiterte Version des Grundmodells EB-2 eingeführt, wobei sich die beiden Bässe zumindest in der Holzkonstruktion nicht unterscheiden. Boden, Zargen und Decke des halbakustischen Bodys bestehen aus gesperrtem Ahorn und sind deckend in dem wunderschönen Sparkling Burgundy mit Nitrolack versehen. Der ebenfalls mitlackierte Hals hat an den abgespielten Stellen einen hübschen bronzefarbenen Schimmer.



Neben dieser sehr seltenen Farbe gab es den EB-2D in Cherry, Sunburst, Walnut, Blonde und der extrem seltenen Ausführung Pelham Blue – mir ist allerdings bis dato nur ein existierendes Exemplar in dieser Farbe bekannt. Der einteilig aus Mahagoni gefertigte Hals ist mit dem Body verleimt und verfügt über ein Griffbrett aus Palisander mit 20 recht kräftig dimensionierten Bünden. Der Hals hat eine 30,5 Zoll Shortscale-Mensur und ist trotz seines halbrunden Profils für die damalige Zeit eher schlank gehalten und lässt sich hervorragend spielen. Die Markierungen sind aus schönem Perlmutt und der Sattel aus Nylon. Die Kopfplatte in der Gibson-typischen „Open Book“ Form ist auf der Vorderseite mit schwarzem Nitrolack versehen und trägt das Gibson Logo und das Kronenemblem. Der Halsspannstab ist unter dem aufgeschraubten Cover zugänglich.



Unser mit 4,26 Kilogramm angenehm leichter EB-2D ist mit offenen Kluson 538-Stimmmechaniken ausgerüstet, die das Instrument noch tadellos in Stimmung halten und sich feinfühlig einstellen lassen. Der Bass hängt gut ausbalanciert am Gurt, was als Longscale sicherlich nicht der Fall wäre.



Als Bridge dient die verchromte Gibson-eigene „Two-point Tune-o-matic Bridge“, eine einfache, gusseiserne Konstruktion, die sich lediglich in der Gesamthöhe an den beiden Befestigungsschrauben verstellen lässt. Unterhalb der Brücke ist noch ein Saitendämpfer angebracht, der durch eine Schiebevorrichtung in Position gebracht werden kann. Die meisten Exemplare haben sowohl dieses Teil als auch das Bridge-Pickup-Cover demontiert oder gar verloren – das ist immer schade, wenn Originalteile fehlen.



Als Hals-Pickup kommt der berühmt-berüchtigte Gibson Sidewinder Humbucker zum Einsatz, der auch im Basismodell EB-2 verbaut wurde. Dieser Pickup trägt den Spitznamen „Mudbucker“, der schon vom Namen her die Richtung andeutet, wo die klangliche Reise hingeht, denn „mud“ steht im Englischen für Matsch – von Höhen oder Mitten kann man sich in der Tat bei diesem Pickup komplett verabschieden. Dumpf kommt der Klang daher, mit einem satten und druckvollen Bass, aber ohne jegliche Präsenz. Böse Zungen behaupten sogar, es spiele keine Rolle, welchen Ton man über den Mudbucker anschlägt, man höre den Unterschied sowieso nicht. John Entwistle kommentierte seinen 1959er EB-2 ähnlich schnodderig mit den Worten „Boom, Boom, Boomty, Boom“, was man in dem wirklich tollen Buch seiner Gitarren- und Bass-Sammlung „Bass Culture – The John Entwistle Bass Collection“ nachlesen kann. Dem großformatigen Pickup am Griffbrettende steht ein etwas kleinerer Humbucker in der Steg-Position gegenüber, der diesen Bass zum EB-2D macht, denn „D“ steht in der Modellbezeichnung für „dual“, was ins Deutsche übersetzt „doppelt“ heißt und die Anzahl der Pickups beschreibt. Ein doppelter PU macht bei diesem Bass absolut Sinn, denn ein einfacher Gibson EB-2 besitzt natürlich nur den besagten Mudbucker, der den Gesamtsound doch sehr limitiert.



Der Steg-Pickup liefert neue Klangfarben, bringt den Spieler in neue Klangwelten und verleiht dem Bass einen deutlich höheren Praxiswert. Die beim Hals-Pickup fehlenden Elemente (präsente Höhen und knurrige Mitten) stehen bei diesem Pickup voll zur Verfügung. Um beide Tonabnehmer genießen zu können, stellt man den Toggle-Switch in die Mittelposition und erhält einen schönen erdigen, holzigen Gesamtton, der sicherlich viele Genres bedienen kann. Durch die passiven Höhenblenden, die pro Pickup zur Verfügung stehen, können die Höhenanteile entsprechend anpasst werden – man erhält dann einen schönen, dunkel gefärbten Blues-Rock-Ton. Als zusätzliches Feature steht noch der sogenannte Baritone-Switch zur Verfügung, ein Umschalter, der im aktivierten Zustand dem Ton gänzlich die Bassfrequenzen und Tiefmitten entzieht, dafür aber alle übrigen Frequenzen sauber darstellt.



Die Klangeinstellung mit dem aktivierten Baritone-Switch entsprach den damaligen Klangwünschen der Sechzigerjahre, als Bässe teilweise auch als tiefe Gitarrenstimmen eingesetzt wurden. Zu dieser Zeit waren Halbresonanzbässe absolut hip und die bevorzugte Wahl der „British Invasion“, wie z.B. den Yardbirds, The Kinks oder The Animals. Bassisten wie Paul Samwell-Smith, Jimmy Page, Chas Chandler und John Entwistle hatten damals auf einem EB-2 unterwegs, zumindest zeitweise. Einen EB-2D konnte man bei Glenn Cornick von Jethro Tull hören. Anfang der Siebziger sah man die Dynamit-gelandene Suzi Quatro sehr häufig mit einem EB-2, so auch auf dem Cover ihrer Hitsingle „If You Can’t Give Me Love“. Erstaunlicherweise spielte sogar Stanley Clarke einen EB-2, als er vom Kontrabass zum E-Bass wechselte, wobei er diesen aber recht schnell gegen einen Alembic austauschte.



Leider war dem EB-2 nicht der gleiche Erfolg beschienen, wie ihn seine Gitarrenschwester, die ES-335 erfuhrt. Zum großen Teil lag das sicherlich an der damaligen Konkurrenz in Form des Guild Starfire Modells und insbesondere an dem baugleichen Epiphone Rivoli, der günstiger zu bekommen war und deutlich mehr Anklang bei den Bassisten fand. Gibson übernahm die Firma Epiphone 1957 und fertigte den Rivoli und den EB-2 in der gleichen Fabrik. Vielleicht wäre die Geschichte anders geschrieben worden, wenn Gibson gleich unseren heutigen Titelhelden herausgebracht hätte, anstatt mit dem EB-2 ein Konkurrenzmodell für den Rivoli unterm gleichen Dach zu produzieren?

Bis 1972 wurden vom EB-2D ca. 2000 und vom EB-2 ca. 6000 Instrumente hergestellt – dann kam das Aus. Der EB-2 legte bereits zwischen 1961 und 1964 eine Produktionspause ein, da 1961 der handliche Gibson EB-3 vorgestellt. Um dieses Modell auf Basis der Gibson SG-Gitarre zu pushen, schickte man den halbakustischen Bruder für drei Jahre in die Holidays. Der EB-3 besitzt die gleiche Pickup-Bestückung wie der EB-2D und war mit seiner SG-Form das bevorzugte Modell von Bassisten wie Jack Bruce bei Cream oder Andy Fraser von Free. Die halbakustischen Gibson EB-2 und EB-2D Bässe erlebten erst in den Neunzigerjahren eine Renaissance und galten wieder als cool, insbesondere in der Indie-/Alternative-Szene. So spielten beispielsweise Krist Novoselic von Nirvana oder Andy Bell von Oasis zeitweise einen EB-2. Robert Levon Been von Black Label Motorcycle Club ist nach wie vor häufig mit einem EB-2 auf der Bühne zu sehen. Einen EB-2D mit einem krassen Fuzzy-Ton kann man in den Händen von Jack White von The White Stripes bei deren Performance von „My Doorbell“ in der Later with Jools Holland Show auf YouTube sehen. Sehr cool ist auch Tim Lefebvre mit seinem 67er EB-2D in Sparkling Burgundy beim YouTube-Channel „Pedals and Effects“ von Juan Alderete. Wenn man das gesamte Spektrum eines EB-2D hören möchte, empfehle ich die YouTube-Clips von „Guitar of the Day“ von Norman’s Rare Guitars, die bereits einige EB-2D vorgeführt haben. Wer lieber dem Lesestoff zugeneigt ist, dem sei das Buch “The Gibson Bass Book – An Illustrated Tribute“ des Holländers Rob van den Broek ans Herz gelegt, der sämtliche Bässe von Gibson und den Gibson-nahen Marken Epiphone, Orville, The Heritage und Kalamazoo beschreibt.
Wer sich einen Bass dieser Sorte einverleiben möchte, für den sieht der Gebrauchtmarkt gar nicht so schlecht aus. Allerdings werden die meisten Modelle in den USA angeboten, was die ganze Angelegenheit riskant und unter Umständen teuer werden lassen kann. In Europa muss man mindestens ca. EUR 3.000,- für einen gut erhaltenen EB-2D hinblättern. Eine seltene Farbe wie Sparkling Burgundy treibt den Verkaufspreis gerne mal auf fast das Doppelte. Ob sich dieser Aufschlag lohnt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Der Bass ist allemal empfehlenswert.

In diesem Sinne, bässte Grüße und bis zum nächsten Museumsbesuch,
Euer Frank

Fotos: Gregor Lukasik

... Bass Professor 1/2020, Seite 62

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